Knudsen EML – Technologiedemonstrator zur Messung von Verdampfungsgeschwindigkeiten von Metallen und Legierungen

- Hochgenaue Bestimmung von Materialkonstanten unter Schwerelosigkeit -

- Vorarbeiten für Messungen auf der Internationalen Raumstation (ISS) -

Um neue Werkstoffe für die Luft- und Raumfahrt oder Automobil- und Energieindustrie zu entwickeln, werden Materialkonstanten benötigt. Mit diesen hochgenauen experimentell bestimmten Daten können später zum Beispiel komplexe metallurgische Schmelzprozesse simuliert werden. Dabei kann die Mikrostruktur der neuen Legierung gezielt eingestellt und Legierungseigenschaften wie Festigkeit, Härte, Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit vorhergesagt werden. Die notwendige Anzahl metallurgischer Schmelzexperimente kann dadurch minimiert werden. Diese sind großtechnisch nur mit hohen Kosten und Aufwand durchführbar.

Materialkonstanten bzw. fundamentale thermodynamische Daten wie Enthalpie, Entropie und Gibbs-Energie der Verdampfungsreaktion sowie die partiellen und molaren Mischungsgrößen können über die Temperaturabhängigkeit des Dampfdruckes einer Probe bestimmt werden.

Der Dampfdruck kann mittels der Methode der Knudsen-Effusion im Hochvakuum ermittelt werden. Dazu wird eine Probe in einer sogenannten Knudsen-Zelle aufgeheizt. Der Tiegel der Knudsen-Zelle ist mit einem Deckel verschlossen, der eine kleine Öffnung aufweist. Bei konstanter Temperatur befindet sich die Probe im Gleichgewicht mit ihrer Gasphase. Durch die große freie Weglänge der Gasspezies gelangen diese nur zufällig aus der Öffnung der Knudsen-Zelle. Dies wird als Effusion bezeichnet. Thermodynamische Daten werden über den gemessenen temperaturabhängigen Massenverlust berechnet.

In einem gemeinsamen Projekt mit der TU Clausthal, dem Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR-MP) und Airbus Space and Defense soll ein Versuchsaufbau entwickelt werden, der es ermöglicht, ein Knudsen-Effusionsexperiment auf der Internationalen Raumstation (ISS) durchzuführen. Dabei sollen Dampfdrücke in einer Knudsen-Zelle mit einer hochauflösenden Nanowaage gemessen werden.

Die Probe wird in der Schwerelosigkeit durch ein Magnetfeld in der Mitte der Knudsen-Zelle positioniert. Somit können die freie Verdampfung und die daraus resultierenden thermodynamischen Daten ohne Schwerkrafteinfluss untersucht werden.

Das Institut für Angewandte Thermo- und Fluiddynamik (ATF), der Hochschule Mannheim übernimmt die Simulation der Knudsen-Effusion im neuen Versuchsaufbau. Es kommen zwei unterschiedliche Methoden zum Einsatz.

  • Eine analytische Methode, basierend auf der Hertz-Knudsen-Langmuir Gleichung
  • Direkt Simulation Monte Carlo Methode (DSMC-Methode)

Mit der analytischen Methode ist es möglich, einen Massenstrom in Abhängigkeit von Temperatur, Öffnungsgeometrie und Partialdruck in der Knudsen-Zelle zu berechnen. Mit der DSMC-Methode wiederum ist es möglich, einen Molekularstrom zu berechnen, in dem die Temperatur, Geschwindigkeit und Position der simulierten Gasspezies bekannt ist. Einflüsse wie Temperaturgradienten, Magnetfeld und Geometrie der Knudsen-Zelle können mit dieser Methode simuliert werden.