Coulometrische Titration / EMK

Die Coulometrische Titration ist eine elektrochemische Untersuchungsmethode, welche zur Bestimmung thermodynamischer Daten verschiedenster Materialsysteme verwendet werden kann. Mit Hilfe der Nernst-Gleichung können hauptsächlich thermodynamische Aktivitäten, partielle und integrale molare Gibbs-Energien (freie Enthalpie), Enthalpien sowie Entropien aus den gemessenen Spannungen gewonnen werden. Das zu untersuchende Material wird hierbei als Kathode in eine spezielle Zelle eingebracht und durch verschiedene, sich an den gewünschten Daten orientierende, Strom- oder Spannungsprofile belastet. Abbildung 1 zeigt den neu entwickelten Aufbau der CT [1]. Während der Titration wird die Zusammensetzung des Kathodenmaterials, entsprechend dem Faraday'schen Gesetz, in sehr kleinen Schritten variiert und gleichzeitig die Zellspannung aufgezeichnet. Durch die Analogie zu klassischen Titrationstechniken der Chemie erklärt sich der Name der Methode.

Zur Bestimmung thermodynamischer Daten wird die Gleichgewichtsspannung der Zelle benötigt, also die Spannung ohne Strombelastung. Um gleichzeitig die Zusammensetzung zu ändern (Stromfluss) und die Gleichgewichtsspannung zu bestimmen (kein Stromfluss) werden intermittierende Verfahren wie beispielsweise die GITT (Galvanostatic Intermittent Titration Technique) verwendet. Diese Technik wechselt zwischen Strompulsen und anschließenden Ralaxationsperioden zum Erreichen des Gleichgewichts.

Aufgrund des erhöhten Temperaturniveaus während der Messungen (in der Regel zwischen 360 °C und 500 °C) sind Diffusionsvorgänge begünstigt und das Gleichgewicht wird zügig erreicht. Aufgrund des speziellen Designs können pro Ofen bis zu drei Zellen vermessen werden, was eine Variation der Parameter erlaubt.

Mit dem experimentellen Setup ist ebenfalls die Durchführung klassischer EMK-Messungen (Elektromotorische Kraft) möglich. Auch hier wird prinzipiell die Gleichgewichtsspannung der Zelle gemessen, im Unterschied zur Coulometrischen Titration wird allerdings die Zelltemperatur anstatt der Elektrodenzusammensetzung variiert. Des Weiteren ist eine Kombination der beiden einzelnen Methoden möglich, wodurch in kürzerer Zeit die wichtigsten thermodynamischen Daten erfasst werden können.

Ein weiterer Vorteil der CT ist die Tatsache, dass im Vorfeld keine Proben mit der Zielzusammensetzung hergestellt werden müssen (bezogen auf die aktive Spezies). Die manuelle Präparation birgt die Gefahr von Fehlern, welche durch die in situ Probenherstellung auf ein Minimum reduziert werden.

Prinzipiell ist der mögliche Temperaturbereich nur durch die Schmelzpunkte der verwendeten Materialien begrenzt. Nach unten wird der Bereich durch den Elektrolyten (typisch sind geschmolzene Salze) und nach oben durch die Stabilität der verwendeten Elektroden- und Gehäusematerialien beschränkt. Die Anwendung der Technik ist, durch die Variation des Elektrolyten, auch bei tieferen Temperaturen, bis hin zur Raumtemperatur, möglich.

[1]Hans Giel, David Henriques, and Torsten Markus, Investigations of the Li8Sn3 Phase in the Binary Li-Sn System Using an Improved Coulometric-Titration Setup, Journal of the Electrochemical Society, 2017, 164: A907-A911.